Eine Nacht im Dolder Grand in Zürich // Lohnt sich der grosse Batzen wirklich?

Das Luxus-Hotel Dolder Grand gilt als Zürichs nobelste Adresse. Wir haben hier ein bisschen Paar-Zeit genossen und das Hotel für euch unter die Lupe genommen.

Mein Mann Till und ich verbrachten vergangenes Wochenende im Grand Hotel Dolder. Das hatte vor allem zum Grund, dass ich seit drei Jahren davon spreche, uuuuunbedingt mal in den Spa des Dolders zu wollen. Nämlich seit mir ein Freund davon vorgeschwärmt hatte. Und weil der Eintritt in den Spa sage und schreibe 420 Schweizer Franken kostet (die zwar für Behandlungen eingesetzt werden können, aber das Geld ist man dann schliesslich trotzdem los), spielten wir schon länger mit dem Gedanken, uns für eine Nacht einzumieten. Mein Geburtstag war schliesslich Anlass genug und mein Mann tätigte die Buchung: Ein romantisches Paket. Inklusive: Zimmer für zwei Personen für eine Nacht, eine Flasche Champagner, Spa-Zutritt, Frühstück und Abendessen im „The Restaurant“, dem Gourmet-Lokal unter Heiko Nieder. Das Wochenende versprach also viel Erholung und Luxus und wir stimmten uns passend ein, indem wir am Samstagvormittag zunächst die Familienoper Coraline im Opernhaus Zürich besuchten (die Karten haben wir von meinem Vater bekommen, der dort arbeitet. Es ist nämlich nicht so, dass wir unsere Wochenenden in der Regel derart klischiert verbringen ;)).

Die Anreise vom Opernhaus Zürich aus ins Dolder Grand war dementsprechend kurz. Wir fuhren mit einer gemeinsamen Reisetasch im Gepäck mit unserem Auto im Hotel vor. Sogleich öffnete man mir die Türe und nahm uns das Gepäck ab. Drinnen stand die gesamte Belegschaft des Hauses Spalier. Natürlich nicht um unser Eintreffen zu würdigen. Als mein Mann einen Service-Mitarbeiter fragte, wessen Ankunft denn erwartet würde, erfuhren wir, dass es sich um einen „Hochgast aus dem Arabischen Raum aus dem Bereich Politik“ handelte. Wir sahen dann auch den Herrn samt Gefolge eintreffen und Till wollte darauf wetten, den Saudischen König persönlich gesehen zu haben. Wir bekamen dies nicht bestätigt, wohl aber wimmelte das Hotel von arabischen Mitarbeiter und Sicherheitsleuten. 

Beim Einchecken wurden wir freundlich empfangen und auf ein Getränk eingeladen, weil das Zimmer noch nicht fertig war. Nach einigen Minuten begleitete uns dann zwei Desk-Mitarbeiterinnen zum Zimmer. Zwei, weil eine der beiden offensichtlich eingearbeitet wurde und sichtlich nervös war. Obwohl sie uns das Zimmer optimal erklärte und ihre Sache gut machte, hatte man sie offensichtlich nicht am „Hochgast“ üben lassen wollen.

Das Zimmer, eine Junior Suite Deluxe, war ausgesprochen schön. Sauber, gross, mit Blüemli und Birnenküchlein, alles palletti. Ich erkundigte mich beim Rundgang, ob es möglich sei, eine Yogamatte auszuleihen und die Front-Desk-Dame versprach mir sofort, eine Matte zu organisieren. Was mich zum Punkt Service bringt. 

Kurze Zeit später tauchte eine Frau aus dem Spabereich mit einer Fitnessmatte auf. Darüber, dass geübte Yogis ihre Matten zur Sicherheit immer und überall hin mitnehmen sollten, habe ich bereits an einer früheren Stelle geschrieben. Denn was eine Yogamatte ist, darüber scheinen sich die Gemüter nicht ganz einig zu sein. Im Dolder versteht man unter einer Yogamatte eine dicke Fitnessmatte. Das ist okay, sie tut ihren Zweck. Was ich nicht ganz so angenehm empfand, war die Tatsache, dass mich die Frau aus dem Spa darauf hinwies, die Matte „bitte unbedingt zurückzugeben“. Ich fragte nach, wohin ich sie retournieren sollte, wenn ich fertig war. Die Frau antwortete: Ich könne sie schon im Zimmer lassen – bitte aber einfach nicht stehlen. Wow. Im Dolder Grand des Diebstahls vorverdächtigt zu werden, fühlt sich nicht besonders gut an.

Leider entpuppte sich mein Vorhaben, am Morgen im Fitnessbereich des Dolders Yoga zu machen, als schwierig. Unser Zimmer kam nicht infrage, weil ich meinen Mann schnarchen lassen wollte. Als ich also zum Fitnessbereich in voller Yoga-Montur pilgerte und mich auf die Suche nach einem geeigneten Örtchen machte, fiel mir der Raum ins Auge, der für Gruppenkurse genutzt wird. Er war nämlich leer. Also machte ich mich auf die Suche nach einem Fitness-Mitarbeiter um nach einer Matte zu fragen (Noch einmal: Immer die eigene Matte dabei haben!). Nach einigen Minuten kam mir ein Herr auf dem Gang entgegen, den ich fragte. Er erklärte mir einigermassen nüchtern, dass ich hier nicht Yoga machen könne, weil der Raum in – Achtung! – eineinhalb Stunden für eine Yogaklasse genutzt würde. Er führte mich dann in den Meditationsraum und wünschte mir hier viel Spass. Da stand ich nun also. In einem wirklich ausgenommen schönen Raum, in dessen Mitte eine Kerze brannte und der hauptsächlich aus Sitzmöglichkeiten bestand. Eine Yogamatte hätte man hier platztechnisch nicht ausrollen können. Hätte ich eine gehabt. Etwas verdattert zog ich also ab.

Man scheint uns im Dolder oft nicht richtig verstanden zu haben oder aber eine Policy zu fahren, die es nicht so genau dabei nimmt, den Gästen ihre Wünsche zu erfüllen. In einem herkömmlichen drei bis vier Sterne-Hotel darf man zugegebenermassen kaum etwas anderes erwarten, als genau das, wofür man bezahlt. Aber die ausgesprochen horrenden Preise (10.5 Franken für einen Tee!), die das Dolder Grand verlangt, lassen erwarten, dass man hier in ein Hotel eincheckt, dessen Besonderheit eben ist, den Gast besonders zu behandeln. Till beschreibt es so, dass er von einem renommierten Fünfsternhotel erwartet, dass er beim Check-In sein Gehirn abgeben kann und er trotzdem eine tolle Zeit verbringen kann. Weil man ihm eben seine debilen Wünsche ohne mit der Wimper zu zucken erfüllt und ihm dabei das Gefühl gibt, komplett normale Ansprüche zu haben.

Ein solcher Anspruch war mitunter ein Lockenstab. Ich äusserte im Spabereich den Wunsch, einen Lockenstab auszuleihen. Hier wurde ich zum Coiffeur weitergeschickt – schon hier hätte man erwarten dürfen, dass die Spa-Mitarbeiterin anerbot, beim Kollegen nachzufragen. Beim Coiffeur angekommen fragte ich nach. Die Dame antwortete, ich könne bei ihr einen Lockenstab kaufen, nicht aber ausleihen. Zu viele Gäste würden den Stab nämlich sonst klauen. Aha. Auch hier witterte man in uns potentielle Diebe. Später erfuhren wir, dass der Coiffeur nicht zum Hotel gehörte, sondern sich dort nur eingemietet habe. Dennoch wirft der Umgang mit Gästen auch ein schlechtes Licht darauf, wie das Hotel mit solchen Anfragen umgeht. Man wird weiterverwiesen, nur um sich im Endeffekt unterstellen zu lassen, man würde klauen. Das Hotel täte gut daran, sich einen Lockenstab zu erwerben, den es seinen Gästen weitergeben kann – wofür blockiert das Hotel sonst ein Depot von 2000 Franken auf der Kreditkarte? 

Der Spabereich selbst ist ein Besuch wert – vor allem, wenn man alleine oder mit einer Begleitung desselben Geschlechts unterwegs ist. Mein Freund, der mir damals vom Dolder in höchsten Tönen vorschwärmte, war mit seinem Freund dort gewesen. Als heterosexuelles Paar aber, das ein romantisches Wochenende verbringen möchte, waren wir etwas enttäuscht über den kleinen gemeinsamen Bereich: Eine 60-Grad-Sauna, ein Dampfbad und eine Kältekammer, ein grosser Pool, Ruheliegen und im Aussenbereich in Whirlpool. Man könnte sich fragen; was will man mehr? Wenn man aber im Frauen-Spa gewesen ist, weiss man die Antwort: Man möchte seinen Tee an dem wunderschönen Tisch mit seinem Partner zusammen trinken, während man seinen Füssen im warmen Wasserbecken die Zeit ihres Lebens verschafft und dazu kandierten Ingwer nascht. Im Frauenbereich kommen dazu: Eine 90-Grad-Sauna, zwei Whirlpools (von denen nur einer funktionierte), ein Eisbad und ein Dampfbad. Der Umkleidebereich ist sehr grosszügig und die bereitgestellten Pflegeprodukte sind gut. Hier findet man sogar ein Glätteeisen.

Am Abend assen wir – ich mit ungestylten Haaren – bei Heiko Nieder im The Restaurant. Ich werde in einem anderen Post ausführlich über das Essen und den Service berichten. 

Das Frühstück erhielten wir im hauseigenen Restaurant Saltz. Da mein Mann ein Langschläfer ist, ging ich schon einmal vor und las Zeitung. Um 10.30 stiess dann mein Mann zu mir. Im selben Moment wies uns eine Servicemitarbeiterin darauf hin, dass das Frühstücksbuffet in fünf Minuten geschlossen würde. Zu der Zeit hatte ich einen Tee bestellt. Wir mussten uns also dranhalten und innert fünf Minuten unseren Tisch mit Gerichten und Zutaten vom Buffet füllen. Einen gemütlichen Sonntagsbrunch hatten wir uns anders vorgestellt. Während des Essens dämmerte es uns dann, dass der hochgelobte Sonntagsbrunch im Saltz bald über die Bühne gehen würde, für den die Gäste 98 Franken bezahlen. Ohne Getränke versteht sich. Man begann um uns herum aufzudecken und wir begannen uns etwas zu ärgern. Man hatte uns weder informiert, noch die Möglichkeit gegeben, unsere Frühstücks-Erfahrung zu upgraden. Uns war nicht bewusst gewesen, dass man als normaler Hotelgast auch am Sonntag bis um 10.30  Uhr gefrühstückt haben musste. Dies wäre für uns ein Totschlagargument gewesen, nicht im Dolder Grand unser romantisches Wochenende zu verbringen. Wer Kinder hat, der weiss, dass der Killer von Romantik mitunter darin begründet liegt, nie mehr auszuschlafen und nie mehr in Ruhe zu frühstücken. Alles was man als Eltern möchte, ist es, Sonntags noch um 11.30 Uhr seinen Kaffee und seine Omelette bestellen zu dürfen und beides in Seelenruhe zu verzehren. Dass das im Dolder Grand nicht möglich ist, ist schwer nachzuvollziehen.

Alles in allem verbrachten wir zwei schöne Tage im Dolder Grand. Vor allem die Zweisamkeit war für uns der grösste Luxus. Hierfür hätten wir uns aber definitiv nicht im Dolder einmieten müssen. Wieder würden wir unter denselben Vorraussetzungen nicht mehr kommen. Vielleicht haben wir im Vorfeld zu hohe Ansprüche ans Dolder Grand gestellt und waren deshalb vor allem in Sachen Service enttäuscht. Gleichzeitig haben uns diverse andere Hotels bestätigt, dass es auch anders – ja besser – geht. Und wenn man vor dem Urlaub im Dolder Grand nicht träumen darf – wo dann?